German News Paper acknowledges the endeavours of Team Nishan in its issue of 27th August 2010. The story is under the heading”Bulls in India are sacred cows”
Markische Allgemeine
BESTECHUNG: Bullen sind in Indien heilige Kühe
Wie ein ehemaliger indischer Ordnungshüter gegen Polizeikorruption in seinem Land kämpft
KURUKSHETRA – Ruchika Girotha war eine junge Tennisspielerin im nordindischen Chandigarh. Im August 1990 wird die damals 14-Jährige nach dem Training vom Generalinspekteur der Landespolizei SPS Rathore, der gleichzeitig President von Ruchikas Tennisverein war, sexuell missbraucht. Die Familie des Mädchens erstattet Anzeige. Erst 19 Jahre später, im Mai dieses Jahres, wird der 68-jährige Polizist aufgrund öffentlicher Proteste im In- und Ausland schließlich vom Gericht in Chandigarh verurteilt. Resultat: lediglich sechs Monate Gefängnis und 1000 Rupien (17 Euro) Geldstrafe.
In Indien geht es voran, darüber scheinen sich Politiker und Internationale Organisationen einig zu sein. Die „größte Demokratie der Welt“, wie Indien sich gern selbst nennt, erlebt seit einigen Jahrzehnten einen enormen Aufschwung. Nur China hat momentan einen höheren BIP-Anstieg. Als Nachbar von Pakistan und Bangladesh, nur einen Fußmarsch von Afghanistan entfernt, ist Indien Hoffnungsträger der gesamten südasiatischen Region. Doch Indien hat ein Problem, das in allen Entwicklungsländern bekannt ist: Korruption.
Diese steige, der Anti–Korruptionsorganisation Transparency International (TI) zufolge, in Indien von Jahr zu Jahr an. Eine der korruptesten Organisationen sei die Polizei. Einer Studie von TI zufolge flossen im vergangenen Jahr umgerechnet 650 Millionen Euro Bestechnungsgelder an die indischen Ordnungshüter. Bullen sind in Indien heilige Kühe. Sie genießen nahezu totale gesetzliche Immunität und können für ihre Vergehen so gut wie nie belangt werden. Sich gegen die Polizei zu stellen ist in Indien gefährlich, ein sicheres Leben schnell verspielt. Ein Mann tut es trotzdem.
„Das ist die größte Bande von Verbrechern im ganzen Land“, sagt Ari und weicht schnell einem entgegenkommenden Lkw aus. Mit seinem uralten Peugeot, kaputtes Radio, keine Rückspiegel, Gasantrieb, fährt er Richtung Delhi. Aridaman Jit Singh, den jeder nur Ari nennt, weiß wovon er redet. Er hat 20 Jahre selbst bei der indischen Polizei gearbeitet. Heute ist er Menschenrechtsaktivist. Auf die Frage, ob man denn in Indien beim Autofahren Alkohol trinken dürfe, antwortet er: „Als ehemaliger Polizist schon“, und nimmt einen weiteren Schluck aus der Bierflasche, die er zur Hälfte verschüttet, als das Auto über ein Schlagloch fährt und beinahe auseinander fällt.
Dass er mal Polizist war, merkt man ihm an. Ari fährt am liebsten seine alte Honda. „Da fühl ich mich frei“, begründet er. Die wenigen restlichen Haare auf seinem Kopf, versteckt er meistens unter einem Basecap. Seine Hemden sind aber nach wie vor stets so weiß, als gäbe es in Nordindien keinen Staub und Dreck auf der Straße. Was er tut, gefällt vielen nicht, aber mit den Morddrohungen, die er regelmäßig erhält, hat er zu leben gelernt.
Der 50-Jährige hat vor vier Jahren zusammen mit seiner Frau die Nichtregierungsorganisation „Nishan Justice“ (Fahne der Gerechtigkeit) gegründet. Unterstützt von vier bis sechs wechselnden Freiwilligen aus Europa und den USA kämpfen sie gegen Polizeikorruption in ihrem Land. Meist sind sie unterwegs, reden mit den Menschen in den Dörfern, mit Opfern von Polizeigewalt und klären die Menschen über die Missstände auf. „Viele wissen gar nicht, dass Polizisten in anderen Ländern keine Bestechungsgelder annehmen dürfen“, erklärt Ari. Nach seinem Geschichtsstudium beginnt der Sohn eines Streifenpolizisten 1983 ebenfalls bei der Polizei im indischen Bundestaat Punjab zu arbeiten. Doch die Arbeit hat Ari sich anders vorgestellt. Täglich wird er Zeuge davon, wie Kollegen und Vorgesetzte sich bestechen lassen, vergewaltigen und Unschuldige erschießen, etwa um eine Demonstration zu beenden. Im Jahre 2001 erstattet Ari Anzeige gegen einen Vorgesetzten. Dieser soll die Erschießung zweier Bauern angeordnet haben, um an deren Land zu gelangen. Die Anzeige wird fallen gelassen. Ari, verheiratet und Vater zweier Kinder, wird von Kollegen vor seiner Wohnung zusammengeschlagen und anschließend in den über 1000 Kilometer entfernten Bundesstaat Assam strafversetzt. Knapp ein Jahr hält er dort aus, dann kündigt er.
Die Polizeiführung steht unter besonderem rechtlichen Schutz und kann daher kaum zur Rechenschaft gezogen werden. Justiz und Regierung sind ebenfalls bestechlich. Markandey Katju, Richter am Obersten Gerichtshof Indiens, erklärte im April in einer Urteilsverkündung: „Überall haben wir Korruption. Jeder versucht, das Land zu berauben. Die einzige Lösung für diese Plage ist, einige öffentlich zu hängen.“ Ari hofft, dass es auch anders geht. (Von Thomas Dahms)
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